Puppen im Körnerpark

Dann kam 1953 der erster Umzug nach Neuköln, Altenbraker Strasse, ganz nahe am Körner Park, einem wunderschönen, anheimelnden Park. Er wurde damals noch zu Rixdorfer Zeiten in eine sieben Meter tiefe Senke, eine ehemalige Kiesgrube, gebaut. So wurde man im Frühjahr nicht von kalten Winden gestört . Es gab dort einen leeren Brunnen, an dessen breiten Rand wir “puppten”. Mit Puppenwagen, Puppe, kleinen Deckchen und Kissen wurde gepuppt, was so viel hiess wie, alles auspacken, Puppe auf die Decke, Puppe ausziehen, Puppe wieder anziehen, füttern und so tun als sei das Kind schon Mutter. Eine wunderbare Kinderwelt, in die ich versank und über Stunden darin verschwand. In der Strasse vor der Tür haben wir “Himmel und Hölle Hopse” gespielt, Fliegen aus den Spinnweben hinter der Regenrinne gerettet, um sie dann in kleine Käfige, gebastelt aus Korkscheiben mit Stecknadeln dazwischen, zu sperren. Wir bogen Esslöffel um und banden sie an lange Stöcke, um damit unter den Eisengittern vor den Kellerfenstern nach Geldstücken zu angeln. (Später hab ich genau so mal meinen Autoschlüssel gerettet). Wenn das Eisauto kam, ein kleiner Dreirad-Lastwagen mit Zweitaktermotor, “tömteröm tömtöm”, standen wir fasziniert parat. Mit spitzen, grossen Pickeln wurden lange dicke Stangen Eis von der Ladefläche des Autos gezogen. Muskelöse, nach Schweiss riechende Männer, die dicke Lederschürzen umgebunden hatten, luden sich die Eisstangen auf die Schultern und liefen, unter der Last ächzend, in die Schultheiss-Kneipe an der Ecke, um die kalten Stangen dann im Keller abzuladen. Wir bekamen jeder ein Stück zum Lutschen. Ein Junge hatte ein grünes Tretauto; ein solches wünschte ich mir lange vergebens. Dort kam alle paar Tage kam ein Leierkastenmann in den Hof. Er hatte einen kleinen Affen dabei. Ein paar Groschen wurden in Zeitungspapier gewickelt.Die durfte ich dann aus dem Fenster in den Hof werfen. Behände und possierlich sammelte das kleine Äffchen die Geldgeschosse ein. Die Wohnung in Neuköln lag direkt in der Einflugschneise zum Flugplatz Tempelhof. Wir wohnten ganz oben, fünfter Stock. Stundenlang sass ich am Küchenfenster und beobachtete die landenden Maschinen. Der Flughafen war so nahe und die Flugzeuge schwebten hin und her schaukeln so tief über uns hinweg, dass ich die Menschen in den Fenstern der Maschinen erkennen konnte. Sie flogen buchstäblich direkt über das Dach des Nachbarhauses. Dabei zitterte dessen Schornstein immer ganz bedenklich; eines Tages fiel er um und rutschte vom Dach.
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