Ich kam 1948 auf zur Welt; Torweg 67, in der romantischen Gartenstadt Staaken, im Bett meiner Großeltern. Ich liess wohl lange auf mich warten und so wurde Mutter mit viel Kaffee aufgemuntert, um nicht schlapp zu machen. 15:30 Uhr flutschte ich dann, Koffein geschwängert, in diese Welt. Nachkriegszeit, aber immerhin schon Frieden. Das Essen war knapp und so wurde ich so lange gestillt, bis ich eines Tages einer fremden, dickbusige Frau, die in der S-Bahn neben uns sass, an die Brust griff und sagte, ” hmm, Nanni haben !“, was so viel heissen sollte wie, die hat dicke Brüste, da ist bestimmt was für mich drin. Darauf hin wurde ich dann abgestillt. Da war ich ein Jahr alt und konnte angeblich schon sprechen; könnte passen, glauben tue ich das allerdings nicht. Damals lebten meine Eltern in einer Siedlung mit kleinen, kastenartigen, weissen Häusern an der Heerstrasse; die Siedlung wurde “Klein Jerusalem” genannt. Vermutlich stellte sich der Vorstadt-Berliner so Jerusalem vor. Die Häuser stehen noch immer und könnten von Architekt Walter Gropius sein. Hinter dem Haus gab es einen Hühnerstall. Er gehörte dem Nachbarn und dort drin inmitten der Hühner war mein Lieblingsspielplatz. Wenn Mutter nach mir rief, antwortete der Nachbar, “die ist im Hühnerstall”. Meine Lust die Gegend zu erkunden, ich lief wohl immer weg, wurde kurzerhand dadurch unterbunden, dass ich an einer langen Leine an den Gartenzaun gebunden wurde. Ich habe dann immer am äussersten, straffen Ende der Leine gespielt.
Dann kam 1950 mein Bruder zur Welt, ein ewig heulender Säugling, der ständig meine Ruhe störte. Ein gutes Jahr später hatte ich Masern und vermutlich steckte ich meinen Bruder damit an, denn er erkrankte an einer Hirnhautentzündung. Die allererste Erinnerung in meinem Leben ist eine nächtliche Fahrt mit dem Krankenwagen nach “Mitte” in die Charitee. 40 Fieber, Mandelentzündung, Notoperation. Ein Sieb lag über meinem Gesicht. Darüber lag ein Tuch. Während ich dies hier schreibe, wird mir immer noch übel, wenn ich an den Geruch des Äthers denke, der damals auf das Tuch tropfte.
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